Diversität in der Suchtarbeit: Leitlinien zum Umgang mit der Vielfalt
Nov. 2013Transgender
Neue Leitlinien. Wie kann die Suchthilfe der zunehmenden Vielfalt ihrer Klientinnen und Klienten und deren Problematiken gerecht werden? Infodrog, die Schweizerische Koordinations- und Fachstelle Sucht, stellt auf ihrer Website Leitlinien zum Einbezug der verschiedenen Aspekte der Diversität in der Suchtarbeit zur Verfügung.
Die Pluralisierung und die Individualisierung als Kennzeichen unserer global vernetzten Gesellschaft haben auch vor dem Suchtbereich nicht halt gemacht. Suchthilfeeinrichtungen und Suchtfachleute müssen sich auf immer neue Gruppen von Konsumierenden einstellen: Partygänger, sozioökonomisch gut integrierte Personen, Suchtkranke mit komplexen psychischen und körperlichen Problemen, ganz junge Konsumierende, immer älter werdende Langzeitabhängige. Dazu kommen Modeströmungen mit wechselnden Substanzen und Konsummustern, substanzungebundene Suchtformen und ein verbreiteter Mischkonsum. Angesichts dieser sich wandelnden Vielfalt den Bedürfnissen der einzelnen Klienten und Klientinnen gerecht zu werden, ist für die Suchthilfeeinrichtungen und Suchtfachpersonen eine Herausforderung. Die (nötige) Spezialisierung auf einzelne Themen oder umgekehrt ein zu allgemeiner Versorgungsauftrag können dazu führen, dass gewisse Aspekte vernachlässigt werden.
Einführung zum Begriff «Diversität»
Mit der Publikation «Diversität in der Suchtarbeit – Leitlinien zum Umgang mit der Vielfalt der KlientInnen» will Infodrog die Erarbeitung und Umsetzung von Strategien und Arbeitsansätzen zum Umgang mit der Diversität im Suchtbereich unterstützen. Der allgemeine Teil der Leitlinien enthält eine Einführung zum Begriff der Diversität, unter Einbezug von Ansätzen und Forschungen aus verschiedenen Bereichen. Aspekte der Vielfalt sowie verschiedene Modelle der Kategorisierung (zum Beispiel körperliche vs. soziokulturelle Merkmale) werden vorgestellt, und es wird auf ihre Wechselwirkungen und ihre (gesellschaftliche) Bedeutung eingegangen. Denn Aspekte der Verschie-denheit sind immer auch mit einer – bewussten oder unbewussten – Bewertung verbunden. Dies kann auch im beruflichen Umfeld zu Vorurteilen oder blinden Flecken und damit in der Suchtarbeit zum Beispiel zu ungenauen Diagnosen und Behandlungen führen.
Integraler Ansatz
Der angemessene Umgang mit der Diversität der Klienten und Klientinnen ist nicht nur eine Frage der Kompetenz der einzelnen Suchtfachleute. Es braucht dafür institutionelle Grundlagen, das heisst die Berücksichtigung des Themas Diversität und damit verbundener Anforderungen auf allen Ebenen einer Institution. In einem ausführlichen Kapitel der Leitlinien werden anhand des Referenzsystems von QuaTheDA – der Qualitätsnorm des BAG für den Suchtbereich – Hinweise gegeben zum Einbezug des Themas Diversität in Strategien, Konzepten, Kommunikation, Personalwesen, Infrastruktur und anderen Bereichen der Organisationsentwicklung einer Suchthilfeinstitution. Besonders wichtig sind zum Beispiel die interne und externe Vernetzung und Kooperation, um eine integrale und differenzierte Betreuung und Behandlung einer suchtkranken Person zu ermöglichen.
Die diversitätsgerechte Arbeit einer Institution muss auf einer übergeordneten Ebene von den zuständigen Behörden und Verwaltungsstellen unterstützt und nicht zuletzt auch finanziert werden. Auf ihre Rolle wird im letzten Kapitel des allgemeinen Teils der Leitlinien eingegangen.
Aspekte der Diversität
Diversität hat verschiedene Dimensionen, namentlich Gender, Elternschaft, (Lebens-)Alter, geografische/ethnische Herkunft bzw. Migrationshintergrund, somatische und psychische Komorbiditäten und die sozioökonomische Situation. Die relevanten Aspekte der Vielfalt werden in separaten Kapiteln aufgegriffen und in ihrer Bedeutung und Auswirkung für die Suchtarbeit beschrieben. Da es letztlich um Qualitätssteigerung und ‑sicherung der Suchtarbeit geht, dient auch hier das QuaTheDA-Referenzsystem als strukturierende Basis für konkrete Hinweise zum Einbezug des jeweiligen Diversitätsmerkmals. Einzelne Teile davon sind noch in Arbeit und werden später veröffentlicht. Alle Teile sind kurz gehalten, zahlreiche weiterführende Literaturangaben und Links zu allen Kapiteln sollen aber eine eingehende Beschäftigung mit den jeweiligen Themen ermöglichen.
Links
Kontakt
René Stamm, Sektion Drogen, rene.stamm@bag.admin.ch
Marianne König, Infodrog, m.koenig@infodrog.ch